Otto Schmidt Verlag

Aktuell im ArbRB

Arbeitsrechtliche Hindernisse bei Inanspruchnahme der Gas-und Strompreisbremse (Grimm, ArbRB 2023, S1)

Das Strompreisbremsegesetz (StromPBG) und das Erdgas-Wärme-Preisbremsen-Gesetz (EWPBG) sehen Entlastungen für Unternehmen vor, die einen hohen Strom-bzw. Gasverbrauch haben. Die Unternehmen können bestimmte Strom- bzw. Gas- und Wärmemengen zu einem garantierten Preis abnehmen. Hiermit sollen Arbeitsplätze in energieintensiven Unternehmen gesichert werden. Der Gesetzgeber hat hierfür allerdings arbeitsrechtliche bzw. personalwirtschaftliche Hürden errichtet, die der Beitrag erläutert.

I. Gesetzliche Ausgangslage
II. Beschäftigungssicherungsvereinbarung zur Erfüllung der Arbeitsplatzerhaltungspflicht

1. Beschäftigungssicherungsvereinbarung als Regel (§ 37 Abs. 1 Satz 1 StromPBG, § 29 Abs. 1 Satz 1 EWPBG)
2. Selbstverpflichtungserklärung des Unternehmens (§ 37 Abs. 1 Satz 2 StromPBG, § 29 Abs. 1 Satz 2 EWPBG)
3. Nachweispflicht (§ 37 Abs. 2 StromPBG, § 29 Abs. 2 EWPBG)
4. Abschlussbericht (§ 37 Abs. 3 StromPBG, § 29a Abs. 3 EWPBG)
5. Besondere Darlegungspflicht beim Arbeitsplatzabbau (§ 37 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StromPBG, § 29 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 EWPBG)
6. Rückforderungsrisiko bei der Selbstverpflichtungserklärung des Unternehmens (§ 37 Abs. 4 StromPBG, § 29 Abs. 4 EWPBG)
a) Rückforderung der zwei Mio. Euro übersteigenden Entlastung
b) Rückforderungsgrundsätze
III. Boni- und Dividendenverbot (§ 37a Abs. 1 StromPBG, § 29a Abs. 1 EWPBG)
1. Grundregelungen
2. Keine Relevanz der Entlastung bei EBITDA-Bewertung
3. Opt-Out-Möglichkeit bis 31.12.2023
IV. Offene Fragen zum Zustandekommen der Beschäftigungssicherungsvereinbarung
1. Typische Inhalte
2. Formelle Wirksamkeitsvoraussetzungen bei dreiseitigen Beschäftigungssicherungsvereinbarungen


I. Gesetzliche Ausgangslage
Voraussetzungen für die Entlastungen nach dem Strompreisbremsegesetz (StromPBG) und Erdgas-Wärme-Preisbremsen-Gesetz (EWPBG) sind die Erfüllung bestimmter arbeitsrechtlicher bzw. personalwirtschaftlicher Pflichten durch die Unternehmen, soweit sie Entlastungen im Umfang von zusammengerechnet mehr als zwei Mio. Euro in Anspruch nehmen wollen. Dabei werden die Entlastungen beider Gesetze (StromPBG und EWPBG) zusammengerechnet. Zu beachten sind:

  • eine Arbeitsplatzerhaltungspflicht (§ 37 Abs. 1 StromPBG; § 29 Abs. 1 EWPBG),
  • ein Boni- und Dividendenverbot (§ 37a StromPBG, § 29a EWPBG) sowie
  • Nachweispflichten der Unternehmen und Rückforderungstatbestände (§ 37 Abs. 4 StromPBG, § 29 Abs. 4 EWPBG).

Die Pflicht zum Arbeitsplatzerhalt besteht bis ein Jahr nach dem Ende der Entlastungsperiode, die zunächst bis zum 31.12.2023 definiert ist, aber bis zum 30.4.2024 durch Rechtsverordnung verlängert werden kann (§ 3 Abs. 1 und 2 StromPBG, § 1 Abs. 2 EWPBG), also längstens bis zum 30.4.2025.

Beraterhinweis
Wichtig! Zur Ermittlung des Betrags bzw. der Freigrenze für die Förderungshöhe von zwei Mio. Euro wird auf das Unternehmen abgestellt und nicht – wie sonst in den beiden Gesetzen – auf den Konzern. Hier bestehen somit Handlungs- bzw. Gestaltungsmöglichkeiten.

II. Beschäftigungssicherungsvereinbarung zur Erfüllung der Arbeitsplatzerhaltungspflicht

1. Beschäftigungssicherungsvereinbarung als Regel (§ 37 Abs. 1 Satz 1 StromPBG, § 29 Abs. 1 Satz 1 EWPBG)

Gesetzlich als vorrangig angesehene Möglichkeit zur Beschäftigungssicherung ist der Abschluss einer sog. Beschäftigungssicherungsvereinbarung für mindestens bis zum 30.4.2025 mittels Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung. Wer die Initiative dazu ergreifen kann (Arbeitgeber, Gewerkschaft oder Betriebsrat), lässt das Gesetz offen; der Gesetzgeber wollte wohl bewusst Spielräume für die Praxis eröffnen.

§ 92a BetrVG gibt den Betriebsräten ein Vorschlagsrecht zur Beschäftigungsförderung und -sicherung. Es liegt nahe, dass Betriebsräte dieses nutzen, um in eine Beratung (§ 92a Abs. 2 BetrVG) einzutreten, wobei den Arbeitgeber bei der Ablehnung eine Begründungspflicht trifft (§ 92a Abs. 2 Satz 2 BetrVG).

Beraterhinweis
Wichtig für die Betriebspraxis ist, dass der Inhalt der Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen bis zum 15.7.2023 der Prüfbehörde vorgelegt werden muss. Die Verhandlungen sollten also bald begonnen werden, um noch Spielraum für die Alternative „Selbstverpflichtungserklärung“ zu haben, wenn eine Einigung mit der Gewerkschaft und/oder dem Betriebsrat ausscheidet.

Nähme man an, dass es sich um eine Maßnahme handelt, die einem Interessenausgleich entspricht, würde eine...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.02.2023 12:00
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite