Otto Schmidt Verlag

VerwG Berlin v. 12.10.2022 - VG 5 K 163/20

Probezeitkündigung im Strafvollzug wegen Beziehung zu einem Gefängnisinsassen

Eine Justizvollzugsbeamtin kann in der Probezeit entlassen werden, wenn sie eine heimliche Liebesbeziehung mit einem Strafgefangenen eingeht und ihn in ihre Wohnung aufnimmt.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin war als Beamtin auf Probe in einer Justizvollzugsanstalt tätig. Nachdem bekannt geworden war, dass sie eine Liebesbeziehung mit einem Gefangenen führte, dies gegenüber ihrem Dienstherrn nicht angezeigt und den Gefangenen mittlerweile in ihre Wohnung aufgenommen hatte, entließ der Beklagte sie. Ihren Widerspruch hiergegen wies der Beklagte zurück. Ihre dagegen erhobene Klage begründet die Klägerin u.a. mit ihrer guten fachlichen Eignung und damit, dass ein solches Fehlverhalten in Zukunft ausgeschlossen werden könne. Es hätte ein milderes Mittel gewählt werden müssen, wie z.B. die Verlängerung der Probezeit oder eine zeitlich begrenzte Umsetzung in einen weniger sicherheitsrelevanten Bereich.

Das VerwG hat die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum OVG gestellt werden.

Die Gründe:
Rechtsgrundlage der Entlassung ist § 23 Abs. 3 BeamtStG. Danach können Beamtinnen und Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit hinsichtlich der Kriterien der Eignung, Befähigung und Leistung nicht bewährt haben. Der Beklagte hat insofern einen Beurteilungsspielraum, in dessen Rahmen er die charakterliche Eignung der Klägerin für den Beruf der Justizvollzugsbeamtin fehlerfrei verneint hat. Seine Annahme, die Klägerin habe wiederholt vorsätzlich gegen bedeutende dienstliche Pflichten verstoßen, verletzt insb. keine allgemeingültigen Wertmaßstäbe.

Rechtmäßig ist der Beklagte davon ausgegangen, die Klägerin ha­be dienstliche Kernpflichten verletzt, sei ihrer Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten nicht gerecht geworden und habe das Vertrauensverhältnis zu ihrem Dienstherrn nachhaltig gestört. Die Folgepflicht und die Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug verpflichten die Klägerin u.a., gegenüber Gefangenen und Entlassenen die notwendige Zurückhaltung zu wahren. Sie hätte jede Beziehung zu diesen, die geeignet sein könnte, Zweifel an einer ordnungsgemäßen Dienstausübung zu begründen, zur Kenntnis der Anstaltsleitung bringen müssen. Die­se Pflichten dienen u.a. dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Sicherheit und Ordnung des Strafvollzugs.

Eine Liebesbeziehung zu einem Strafgefangenen und dessen Aufnahme in die Wohnung ohne Kenntnis des Dienstherrn ist zudem in besonderem Maße geeignet, das Ansehen des Dienstherrn und des Berufsstandes der Justizvollzugsbeamtinnen und -beamten zu schmälern. Der Beklagte ist nicht verpflichtet gewesen, zunächst ein gegenüber der Entlassung milderes Mittel zu wählen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.11.2022 13:41
Quelle: VerwG Berlin PM Nr. 46 vom 26.10.2022

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