Otto Schmidt Verlag

ArbG Köln v. 21.7.2022 - 8 Ca 1779/22

Einrichtungsbezogene Impfpflicht und Beschäftigung

Eine nicht gegen SARS-CoV-2 geimpfte und aus diesem Grunde freigestellte Pflegekraft hat keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung sowie Zahlung von Annahmeverzugslohn. Dem Beschäftigungsanspruch steht bereits § 20a Abs. 1 IfSG entgegen, aus dem sich seit dem 16.3.2022 ein unmittelbares gesetzliches Tätigkeitsverbot für nicht immunisierte Pflegekräfte ergibt. Einer gesonderten behördlichen Entscheidung des Gesundheitsamtes bedarf es hierfür nicht.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei der beklagten Arbeitgeberin, die Senioreneinrichtungen betreibt, als Alltagsbegleiter und Betreuungskraft Sozialer Dienst beschäftigt. Nach Verabschiedung der gesetzlichen Neuregelung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht forderte die Beklagte ihre Mitarbeiter auf, sich gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen. Sie kündigte hierbei an, nicht geimpfte Mitarbeiter nach dem 15.03.2022 nicht mehr zu beschäftigen.

Aufgrund der Nichtvorlage eines Impfnachweises stellte die Beklagte den Kläger - wie auch sämtliche Mitarbeiter, die zu diesem Zeitpunkt keinen Impf- oder Genesenen-Nachweis vorgelegt hatten - ab dem 16.3.2022 unbezahlt frei. Der Kläger hält die Freistellung für rechtswidrig und fordert die vollständige Vergütung für den Monat März 2022 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

Das ArbG wies die Klage ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Berufung des Klägers wird beim LAG unter dem Az. 4 Sa 637/22 geführt.

Die Gründe:
Dem Beschäftigungsanspruch des Klägers steht bereits § 20a Abs. 1 IfSG entgegen, aus dem sich seit dem 16.3.2022 ein unmittelbares gesetzliches Tätigkeitsverbot für nicht immunisierte Pflegekräfte ergibt. Einer gesonderten behördlichen Entscheidung des Gesundheitsamtes bedarf es hierfür nicht.

Darüber hinaus ist ein arbeitgeberseitiges Hygienekonzept, wonach in Anbetracht der gesetzlichen Wertung des § 20a IfSG nach dem 15.3.2022 keine nicht immunisierten Mitarbeiter mehr in einer Pflegeeinrichtung beschäftigt werden sollen, nicht zu beanstanden. Das Interesse der Beklagten an der Nichtbeschäftigung des Klägers überwiegt deshalb das Beschäftigungsinteresse des Klägers. Diese Berechtigung der Freistellung schlägt auch auf den Vergütungsanspruch durch, mit der Folge, dass die Beklagte auch keinen Annahmeverzugslohn schuldet.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung
Einrichtungsbezogene Impfpflicht verfassungsgemäß
BVerfG vom 27.04.2022 - 1 BVR 2649/21
Stefan Sasse, ArbRB 2022, 174

Aufsatz:
Die Covid-19 Impfung im Arbeitsverhältnis
Thomas Niklas / Thomas Köllmann, ArbRB 2021, 77

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.10.2022 11:00
Quelle: ArbG Köln PM vom 4.10.2022

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