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Aktuell im ArbRB

Personalentwicklungskonzepte in der arbeitsrechtlichen Praxis - Chancen, Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten (Singraven/Bissels/Alma, ArbRB 2022, 246)

Im sog. „war for talents“ helfen Konzepte zur Personalentwicklung (PE), die eigenen Mitarbeiter fachlich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig fördern PE-Konzepte ganz entscheidend die Mitarbeiterbindung und -motivation. Bei der Implementierung von PE-Konzepten und der Durchführung von Personalentwicklungsmaßnahmen stellen sich eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Fragen, die der Beitrag überblicksweise behandelt.

1. Was ist Personalentwicklung?
a) Begriff des PE-Konzepts
b) Typische PE-Maßnahmen
2. Individualarbeitsrecht
a) Kündigungsschutz
b) Gleichbehandlungsgrundsatz
3. Diskriminierungsverbote
4. Datenschutz
5. Beteiligungsrechte des Betriebsrats

a) Beratungsrechte
b) Mitbestimmungsrechte
6. Fazit


1. Was ist Personalentwicklung?

a) Begriff des PE-Konzepts

In PE-Konzepten beschließen und kommunizieren Unternehmen ihre Maßnahmen zur Mitarbeiterentwicklung. Im Schwerpunkt geht es darum, die vom Arbeitgeber gewünschten Karrierewege für Mitarbeiter transparent zu machen sowie die Arbeitnehmer auf diesen Karrierewegen durch Unterstützungsangebote zu begleiten. Eingebettet ist das PE-Konzept in die gesamtstrategische Personalplanung des Unternehmens. Die Personalentwicklungsmaßnahmen sollen den mittel- und langfristigen Personalbedarf auf den gehobenen Fach- und Führungspositionen bedienen.

b) Typische PE-Maßnahmen
Folgende PE-Maßnahmen sind in der Personalpraxis verbreitet:

Beispiele

  • Im Ausgangspunkt erfassen Unternehmen ihre vorhandenen Stellen und definieren hierfür transparente Profile. Einzelne Stellen können Funktionsgruppen oder Rollen zugeordnet werden.
  • Die Stellen werden nach einem Schema von Laufbahnstufen zugeteilt, nach dem sich das jeweilige Vergütungsniveau bemisst. Ist das Unternehmen tarifgebunden, ergeben sich die Laufbahnstufen aus den tariflichen Entgeltgruppen.
  • Nicht tarifgebundene Arbeitgeber legen Gehaltsbänder für ihre unterschiedlichen Laufbahnstufen fest. Diese definieren die Gehaltsspannen (also Mindest- und Höchstgehalt), innerhalb derer Vorgesetzte ihren Mitarbeitern Gehaltserhöhungen gewähren dürfen. Zum Ausgleich der inflationsbedingten Reallohnentwertung werden die Gehaltsbänder jährlich angehoben. Diese Anhebung muss der Vorgesetzte – anders als in einem Tariflohnsystem – aber nur dann an einen Mitarbeiter weitergeben, wenn dieser sich im vorangegangenen Jahr bewährt und seine Jahresziele erreicht hat.
  • Verbindliche Vorgaben für Jahresfeedback-Gespräche mit einem als Mentor zugewiesenen Vorgesetzten stellen sicher, dass der Mitarbeiter regelmäßig reflektiert, „wo er steht“, und seine Karriere bewusst plant. Typischerweise schließt der Mitarbeiter mit seinem Mentor Zielvereinbarungen.
  • In den Feedbackgesprächen werden für einzelne Mitarbeiter konkrete Weiterbildungsmaßnahmen festgelegt.
  • Um die Qualifikationen und Erfahrungen einzelner Mitarbeiter für eine effiziente Stellenbesetzungs- und Nachfolgeplanung abrufbar zu machen, kann der Arbeitgeber sie in Skill-Datenbanken dokumentieren.

2. Individualarbeitsrecht
Wer transparente Aufstiegsmöglichkeiten für alle schafft, sollte beachten, dass infolge des deutschen Kündigungsschutzrechts und des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Karrieren in Unternehmen üblicherweise nur als Einbahnstraßen verlaufen: Es geht nur nach oben. Eine Degradierung von Mitarbeitern, die sich nicht bewährt haben, ist i.d.R. rechtlich unzulässig.

a) Kündigungsschutz
Der Kündigungsschutz sichert nicht nur das Gehalt des Mitarbeiters, sondern auch die Wertigkeit seiner Stelle ab. Im Rahmen seines Versetzungsrechts könnte der Arbeitgeber einem Mitarbeiter zulässigerweise auch dann keine Tätigkeit einer niedrigeren Laufbahnstufe zuweisen, wenn er die höhere Vergütung der bisherigen höherwertigen Tätigkeit weiterzahlen würde. Der Umstand, dass sich ein Mitarbeiter auf einer Stelle nicht bewährt hat, rechtfertigt zudem in der Regel keine degradierende Änderungskündigung.

Beraterhinweis
Arbeitgeber können eine Beförderung allerdings zum Zweck der Erprobung befristen. Damit die Befristung angemessen und wirksam ist (vgl. § 307 BGB), darf die Erprobungsfrist i.d.R. ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.09.2022 15:32
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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