Otto Schmidt Verlag

ArbG Gera v. 8.3.2022 - 3 Ga 2/22

Unterlassungsanspruch wegen Abwerbung

Das ArbG Gera hat eine Klage auf Unterlassung abwerbenden Verhaltens abgewiesen. Ein Verfügungsanspruch gemäß § 6 Abs. 1 GeschGehG sei durch das Verhalten des ehemaligen Geschäftsführers der Klägerin nicht entstanden. Eine Rechtsverletzung sei nicht zu erkennen.

Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin und jetzige Verfügungsklägerin begehrt im Eilverfahren eine Verfügung zur Unterlassung abwerbenden Verhaltens. Die Antragstellerin ist ein Personaldienstleister. Am 10.9.2021 wurde durch den bis zum 30.11.2021 bei ihr angestellten Geschäftsführer Herrn B. und den ehemaligen Prokuristen G. ein Konkurrenzunternehmen, die später umbenannte N. GmbH gegründet. Herr B. wurde zum Geschäftsführer dieses Konkurrenzunternehmens bestellt.

Zum 31.12.2021 kündigten alle Verwaltungsmitarbeiter der Filiale R. und der Filiale G., u. a. der seit dem 1.5.2020 zuletzt als Regionalleiter beschäftigte Antragsgegner sowie Frau J. Am 17.12.2021 teilte Herr B. dem nunmehrigen Geschäftsführer der Antragstellerin Herrn R. telefonisch mit, dass sich Mitarbeiter der Antragstellerin an ihn gewendet hätten zwecks einer Anstellung bei der N. GmbH, er jedoch niemanden aktiv abgeworben habe. Am 22.12.2021 erhielt die Antragstellerin ein Kuvert, welches 15 Kündigungen von Leiharbeitnehmern der Filiale R.l und ein weiteres Kuvert, welches 12 Kündigungen von Leiharbeitnehmern der Filiale G. enthielt. Der Antragsgegner und auch Frau J. sind inzwischen bei der N. GmbH beschäftigt.

Die jetzige Verfügungsklägerin beantragte, den Antragsgegner zu verurteilen, es zu unterlassen, Mitarbeiter, die zur Antragstellerin in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, unter Nutzung von Daten, von denen er im Zusammenhang mit seinem früheren Arbeitsverhältnis mit der Antragstellerin Kenntnis erlangt hat, für eine Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber abzuwerben.

Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Berufung ist eingelegt und beim LAG anhängig unter dem Az.: 1 SaGa 2/22.

Die Gründe:
Ein Verfügungsanspruch gemäß § 6 Abs. 1 GeschGehG ist nicht gegeben. Danach kann der Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses den Rechtsverletzer bei drohender Rechtsverletzung oder im Wiederholungsfall einer Rechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch nehmen.

Eine Rechtsverletzung ist nicht zu erkennen.

Gesammelte Daten über Adressen und Telefonnummern der verwalteten Leiharbeitnehmer sind ebenso wie gesammelte Daten über Adressen und Telefonnummern der Entleiher nicht allgemein zugänglich und damit geschütztes Geschäftsgeheimnis eines Personaldienstleisters. Der Antragsgegner war nach § 4 seines Arbeitsvertrages zur Geheimhaltung über die ihm zur Kenntnis gelangten Geschäftsgeheimnisse verpflichtet, nach Abs. 4 auch, soweit rechtlich zulässig, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Eine Verwendung gesammelter Daten durch den Antragsgegner oder in gemeinschaftlichem Handeln durch den Antragsgegner zusammen mit Frau J. ist nicht vorgetragen. Allein aus der Kündigung von 12 Leiharbeitnehmern der Filiale G. folgt ein solcher nicht, da eine Einflussnahme des Antragsgegners oder in gemeinschaftlichem Handeln mit Frau J. auf diese Arbeitnehmer unter unbefugtem Zugriff auf ein Geschäftsgeheimnis nicht vorgetragen ist. Zum Zeitpunkt dieser Kündigungen war der Antragsgegner als Regionalleiter noch befugt, auf die gesammelten Arbeitnehmerdaten der Antragstellerin zuzugreifen.

Es ist auch nicht substantiiert vorgetragen, dass der Antragsgegner oder er im Zusammenwirken mit Frau J. unter Zugriff auf diese Daten zu Lasten der Antragstellerin auf die Leiharbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis gekündigt haben, eingewirkt hat. Sollte er diesen Leiharbeitnehmern während seines Arbeitsverhältnisses mitgeteilt haben, dass er sein Arbeitsverhältnis gekündigt habe und bei der Konkurrentin im neuen Jahr tätig sein wolle unter Hinweis, dass er nicht wisse, wie es mit der Filiale weitergehe, stellen diese Äußerungen für sich keine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar. Will man das In-Aussicht-stellen einer Wechselmöglichkeit im Folgejahr ggü. Herrn P. und Frau K. als unzulässiges Abwerbungsverhalten und damit als arbeitsvertragliche Pflichtverletzung einordnen, so folgt daraus jedoch nicht, dass ein solches Verhalten auch ggü. denjenigen Mitarbeitern erfolgt ist, die tatsächlich zum Konkurrenzunternehmen gewechselt sind.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.04.2022 15:47
Quelle: Justiz Thüringen online

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