Otto Schmidt Verlag

ArbG Hamburg v. 31.3.2022 - 4 Ca 248/21

Kein Anspruch einer Arbeitnehmervereinigung auf Veröffentlichungen im Intranet des Arbeitgebers

Für die Geltendmachung eines Anspruchs einer Arbeitnehmervereinigung auf arbeitgeberseitige Veröffentlichung von Informationen im Intranet des Arbeitgebers ist zwar der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG eröffnet. Aus Art. 9 Abs. 3 GG folgt allerdings kein Anspruch einer Arbeitnehmervereinigung auf arbeitgeberseitige Veröffentlichung von Informationen im Intranet des Arbeitgebers.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Arbeitnehmervereinigung, die nach BAG-Beschluss vom 22.6.2021 (Az.: 1 ABR 28/20) mangels hinreichender Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler seit dem 21.4.2015 nicht mehr tariffähig ist. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse in Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung und unterhält eine verzweigte Geschäftsstellenstruktur. Die Klägerin ist im Hauptpersonalrat der Beklagten mit 4 von 27 Sitzen vertreten.

Die Beschäftigten der Beklagten sind bundesweit verstreut und kommunizieren u.a. über das unternehmenseigene Intranet. Ein Großteil der Beschäftigten befindet sich seit der Corona-Pandemie im Home-Office. Auch die im Home-Office arbeitenden Beschäftigten kommunizieren über das Intranet. Die Beklagte unterhält in ihrem Intranet die Rubrik „Gewerkschaften“, in die sie für die tarifzuständigen Gewerkschaften bundesweite Tarifinformationen einstellt. Seit der oben zitierten BAG-Entscheidung über die Tarifunfähigkeit der Klägerin veröffentlicht sie keine Informationen der Klägerin mehr im Intranet.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, mitglieder- und beschäftigtenbezogene Informationen im Intranet der Beklagten unter der neu zu schaffenden Rubrik „Interessenvertretung DHV“ zu veröffentlichen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Zwar ist  für die hier vorliegende Geltendmachung des Anspruchs einer Arbeitnehmervereinigung auf arbeitgeberseitige Veröffentlichung von Informationen im Intranet des Arbeitgebers der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG eröffnet. Allerdings hat die Klägerin keinen aus Art. 9 Abs. 3 GG abzuleitenden Anspruch gegen die Beklagte, die von der Klägerin zum Zweck der Mitglieder- und Beschäftigteninformation erstellten, beschäftigtenbezogenen Informationen im krankenkasseneigenen Intranet der Beklagten unter der neu zu schaffenden Rubrik Interessenvertretung DHV zu veröffentlichen.

Die Klägerin fällt als nicht mehr tariffähige Arbeitnehmervereinigung in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG. Die Beklagte muss zwar grundsätzlich dulden, dass die Klägerin auch in ihren Betriebsstätten die von der Klägerin zum Zweck der Mitglieder- und Beschäftigteninformation erstellten, beschäftigtenbezogenen Informationen veröffentlicht, insbesondere die Anbringung entsprechenden Schriftguts an den Bekanntmachungstafeln im Betrieb. Auch die Zusendung von E-Mails mit entsprechenden Informationen an die betrieblichen E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer ist zu dulden. Es besteht aber kein Anspruch der Klägerin darauf, dass die Beklagte entsprechende Informationen im Intranet für die Klägerin veröffentlicht.

Das damit verbundene Verhalten der Beklagten ginge über ein bloßes Dulden der Werbe- und Informationstätigkeit der Klägerin hinaus und würde von ihr ein aktives Tun zur Unterstützung der Werbe- und Informationstätigkeit der Klägerin verlangen. Das gehört nicht zum Inhalt der Betätigungsfreiheit von Arbeitnehmervereinigungen iSv. Art. 9 Abs. 3 GG. Die Einstellung und die jeweilige Aktualisierung des Informationsangebots der Klägerin im Intranet der Beklagten würde auch jeweils Personal der Beklagten binden und damit Kosten verursachen. Deshalb besteht insbesondere keine Vergleichbarkeit mit der Gestattung der Werbung am klassischen Schwarzen Brett.

Es ist nicht rechtsmissbräuchlich, dass die Beklagte sämtliche Informationen in ihrem Intranet selbst veröffentlicht und administriert. Die Art und Weise, wie die Beklagte Inhalte in ihrem Intranet veröffentlicht und administriert, kann ihr nicht vorgeschrieben werden. Selbst wenn man dies anders sähe, verhülfe dies der Klage nicht zum Erfolg, denn die Klägerin macht einen Anspruch auf die Einräumung eigener Administratorenrechte im Intranet der Beklagten nicht geltend. Sie verlangt mit ihrem Klageantrag, dass die Beklagte die Informationen der Klägerin im Intranet der Beklagten veröffentlicht und nicht die Duldung der Veröffentlichung durch die Klägerin selbst.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.04.2022 13:56
Quelle: Landesrecht Hamburg

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