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Aktuell im ArbRB

Der Anspruch auf notwendige Arbeitsmittel - Neue Beschäftigungsformen, neue Antworten? (Lentz, ArbRB 2022, 93)

Ob Smartphone, FFP2-Maske oder - ganz aktuell - das Dienstfahrrad beim Fahrradlieferanten: Die Frage, auf welche Arbeitsmittel Mitarbeiter einen Anspruch haben, hat die Arbeitsgerichte schon oft beschäftigt. Neue Beschäftigungsformen, z.B. plattformbasiert oder im Homeoffice, erfordern aber ggf. modifizierte Antworten. Der Beitrag untersucht die in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen und geht der Frage nach, inwieweit der Arbeitgeber die Ansprüche vorab pauschal abgelten kann.

I. Anspruchsgrundlagen im weiteren Umfeld der geschuldeten Tätigkeit
1. Explizite Regelung im Arbeitsvertrag
2. Allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz
3. Regelungen mit Kollektivbezug
a) Gesamtzusage bzw. betriebliche Übung
b) Betriebsvereinbarung
c) Tarifvertrag
4. Gesetzliche Ansprüche im Rahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
a) Konkrete Gefahrenabwehr
b) Präventionsmaßnahmen
c) Individuelle Sondersituationen (Krankheit, Schwerbehinderung, Schwangerschaft)
II. Anspruch aus der konkret geschuldeten Tätigkeit
1. Ausgangspunkt: Rechtsprechung des BAG
2. Auswirkungen neuer Beschäftigungsformen
3. Rückschlüsse für die Auslegung und Gestaltung von Arbeitsverträgen
a) Mögliche Auslegungsaspekte für die Frage der Notwendigkeit eines Arbeitsmittels
b) Inhalt des Anspruchs und Gestaltungsmöglichkeiten
III. Vorab zugesagte Zahlung als zulässige Alternative
1. Rechtlicher Rahmen
2. Umsetzungsaspekte
3. Einseitige nachträgliche Anpassung von Altverträgen
IV. Zusammenfassung


I. Anspruchsgrundlagen im weiteren Umfeld der geschuldeten Tätigkeit

Ob ein Anspruch auf ein bestimmtes Arbeitsmittel besteht, sollte vor allem vom konkreten Inhalt der geschuldeten Tätigkeit abhängen. Gleichwohl knüpfen einige der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen hieran nur rudimentär an.

1. Explizite Regelung im Arbeitsvertrag
Klassisches Beispiel für eine vertragliche Zusage ist die Dienstwagenvereinbarung. Üblicherweise mehrseitig  wird an diesem Beispiel zudem deutlich, dass der Detailtiefe einer Regelung über die Gewährung und Verwendung eines Arbeitsmittels kaum Grenzen gesetzt sind.

Beraterhinweis
Auch die ausdrückliche vertragliche Zusicherung, ein bestimmtes Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen, schließt künftige Konflikte keinesfalls aus. Die gilt vor allem für kostspielige Arbeitsmittel. Die nachfolgenden Aspekte sollten hierbei (zumindest gedanklich) berücksichtigt werden.

Checkliste Arbeitsmittel

  • Konkretisierungsgrad des Arbeitsmittels: nur Gattung oder spezielles Modell?
  • Verbot oder Möglichkeit der privaten Nutzung?
  • Vor allem bei Erlaubnis zur privaten (Mit-)Nutzung:
  • Widerruflichkeit der Nutzung und dafür in Betracht kommende Gründe?
  • Obliegenheiten und Sorgfaltspflichten bei der Nutzung?
  • Instandsetzungs- und Betriebskosten?
  • Haftung bei Verlust bzw. Beschädigung sowie Versicherbarkeit dieser Risiken (einschließlich vorübergehender Ersatzbeschaffung)?
  • etwaige datenschutzrechtliche und steuerrechtliche Implikationen der jeweils eingeräumten Nutzung?

2. Allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz
Ansprüche Einzelner auf bestimmte Arbeitsmittel wecken regelmäßig Begehrlichkeiten, vor allem, wenn damit – wie vor einigen Jahrzehnten mit den ersten Pushmail-fähigen Mobiltelefonen der Marke Blackberry – faktisch ein exponierter Status in der Unternehmenshierarchie verbunden wird.  Regelmäßig kommt daher die Frage auf, ob und inwieweit der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz als Anspruchsgrundlage dienen könnte.

Beraterhinweis
Bekanntlich bestehen arbeitgeberseitig erhebliche Gestaltungsspielräume bei der individuellen Vertragsgestaltung und der „Gruppenbildung“, vor allem unter dem Aspekt, für bestimmte Mitarbeiter einen besonderen Anreiz zu setzen.  Im Konfliktfall wird die notwendige Substantiierung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz mittels einer auf einem generellen Prinzip basierenden Vergleichsgruppe daher regelmäßig ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.03.2022 18:33
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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