Otto Schmidt Verlag

OVG Rheinland-Pfalz v. 11.3.2022 - 3 A 10615/21.OVG

Reichsbürger-Gedankengut? Zur Aberkennung des Ruhegehalts einer pensionierten Lehrerin

Einer Lehrerin, die sich im Ruhestand gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung betätigt, indem sie das mit ihrer Verfassungstreuepflicht nicht zu vereinbarende Gedankengut der sog. Reichsbürgerbewegung verinnerlicht und aktiv nach außen getragen hat, ist das Ruhegehalt abzuerkennen.

Der Sachverhalt:
Die ehemalige Beamtin stand bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand im Jahr 2006 als Lehrerin im Dienst des klagenden Landes. Etwa zehn Jahre später tätigte die Ruhestandsbeamtin in zwei von ihr veröffentlichten Büchern sowie in mehreren Schreiben an Behörden Äußerungen, die Gegenstand der vom Land Rheinland-Pfalz erhobenen Disziplinarklage sind.

Das VG erkannte der ehemaligen Beamtin das Ruhegehalt ab, weil sie sich im Ruhestand aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung i.S.d. GG betätigt habe. Dabei könne dahinstehen, ob sie der sog. Reichsbürgerbewegung angehöre, da die ihr vorgehaltenen Äußerungen jedenfalls szenetypisch und inhaltlich gezielt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien.

Die Berufung der ehemaligen Beamtin, mit der sie u.a. geltend macht, sie habe die vorgehaltenen Äußerungen als Wissenschaftlerin und "kritische Demokratin" getätigt, hatte vor dem OVG keinen Erfolg.

Die Gründe:
In den von der Ruhestandsbeamtin getätigten Äußerungen kommt geradezu eine Verachtung für den deutschen Staat und seine Institutionen zum Ausdruck. So ist darin in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland mehrfach von einem Scheinstaat bzw. Nichtstaat und von einem angeblichen Unternehmen mit Firmenstrukturen die Rede. Außerdem bezeichnete sie einen ehemaligen Bundespräsidenten als Geschäftsführer und das demokratische Wahlsystem als Partei-Wahldiktatur. Die Verfassungsordnung lehnte sie als ungültig ab.

Hierdurch hat die Beamtin gegen ihre Treuepflicht verstoßen, die - auch über das aktive Dienstverhältnis hinaus - einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums darstellt. Die schwerwiegende Verletzung dieser Pflicht durch die Ruhestandsbeamtin in Gestalt einer Herabsetzung und Diffamierung des Staates und seiner Institutionen lässt sich auch nicht mit Verweis auf die Meinungs- oder die Wissenschaftsfreiheit rechtfertigen.

Mehr zum Thema:

  • Aufsatz: Husemann – Das europarechtswidrige Einstellungserfordernis der gesundheitlichen Eignung – und die richtige Reaktion (ZFA 2021, 341)
  • Aufsatz: Rolfs – Transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der EU (ZFA 2021, 283)
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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.03.2022 11:02
Quelle: OVG Rheinland-Pfalz PM Nr. 5 vom 23.3.2022

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