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Aktuell im ArbRB

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Qualifizierung - Wiederbelebung durch betriebliche Transformation? (Markowski, ArbRB 2022, 15)

Die Arbeitswelt wandelt sich und damit ändern sich auch die Anforderungen an die Beschäftigten. Qualifizierung und betriebliche Weiterbildung rücken deshalb immer mehr in den Mittelpunkt der Diskussion. Der Beitrag stellt die aktuell bestehenden Beteiligungsrechte des Betriebsrates im Zusammenhang mit Qualifizierungsmaßnahmen dar und wagt vor dem Hintergrund der von der neuen Bundesregierung geplanten Neuerungen einen Ausblick.

I. Grundsätzliche Überlegungen
II. Antrags- und Initiativrechte

1. Vorschlagsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 2 u. 8 BetrVG i.V.m. § 92a BetrVG
a) Qualifizierung und Beschäftigungssicherung als Aufgabe des Betriebsrats
b) Vorschlagsrecht, § 92a BetrVG
c) Kombination mit § 96 BetrVG
2. Initiativrecht aus § 97 Abs. 2 BetrVG
3. Qualifizierungssozialplan
III. Mitbestimmung aus § 98 BetrVG
IV. Ausblick
V. Fazit



I. Grundsätzliche Überlegungen
Nach § 2 Abs. 1 BetrVG arbeiten Arbeitgeber und Betriebsrat vertrauensvoll zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen. Wenn es ein Feld gibt, auf dem dieses Gebot Bedeutung hat, dann bei den Herausforderungen, die die Transformation der Arbeitswelt mit sich bringt.

Zu bedenken ist, dass sich eine betriebliche Transformation über einen sehr langen Zeitraum vollzieht. Die Entwicklung neuer Geschäftsfelder, der Wandel der Produktion hin zu neuen Produkten oder auch nur zu neuen Produktionsverfahren ist nicht mit den klassischen Restrukturierungen, die meist eher in kurzen Zeiträumen verlaufen, zu vergleichen. Vielmehr geht es hier um Prozesse, die eine längere Zeit in Anspruch nehmen. Häufig haben die Betriebsparteien zwar einen mitbestimmungsrechtlichen Umgang miteinander entwickelt, der sich in schnell umzusetzenden Situationen bewährt hat. Dieser lediglich reaktive Umgang passt jedoch nicht auf die Herausforderung, einen langfristigen Veränderungsprozess gemeinsam zu gestalten.

Festzustellen ist außerdem, dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei betrieblicher Qualifizierung oft ungenutzt bleiben. Die überschaubare Anzahl von Entscheidungen zum Themenkomplex „Betriebliche Qualifizierung und Mitbestimmung“ ist ein Indiz dafür, dass Betriebsräte diesbezügliche Mitbestimmungsrechte bisher eher zurückhaltend geltend gemacht haben. Die Frage nach Qualifizierungsmaßnahmen bleibt somit oft der Arbeitgeberseite überlassen.

Beraterhinweis
Nötig erscheint hier auch eine weitere Qualifizierung der Betriebsratsgremien selbst, damit diese in die Lage versetzt werden, die Beteiligungsrechte des Betriebsrats im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen effektiv auszuüben. Nur so kann der Betriebsrat die Transformation in den Betrieben gestaltend begleiten und wird das Risiko gegenseitiger Blockadehaltungen minimiert.

II. Antrags- und Initiativrechte
Will der Betriebsrat beim Thema innerbetriebliche Qualifizierung aktiv werden, stehen ihm diverse Antrags-, Vorschlags- oder Initiativrechte zur Verfügung.

1. Vorschlagsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 2 u. 8 BetrVG i.V.m. § 92a BetrVG

a) Qualifizierung und Beschäftigungssicherung als Aufgabe des Betriebsrats

Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat die allgemeine Aufgabe, Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen. Flankiert wird dies von § 80 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG, wonach der Betriebsrat sich auch darum kümmern soll, die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern, damit die Arbeitnehmer nicht ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.01.2022 15:07
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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