Otto Schmidt Verlag

Aktuell im ArbRB

Mobile Arbeit im Ausland - Arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Besonderheiten bei Verlagerung des Homeoffice ins Ausland (Bonanni/Rindone, ArbRB 2021, 307)

Eine mobile bzw. Homeoffice-Tätigkeit aus dem Ausland (EU/EWR, Schweiz) ist mit Sicherheit innovativ und bei den Arbeitnehmern gefragt. Ihre Ermöglichung kann jedoch mit nicht unerheblichen sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Konsequenzen verbunden sein. Diese gilt es als Arbeitgeber vorab zu prüfen.

I. Arbeitsrechtliche Aspekte
1. Kein Anspruch
a) Mögliche rechtliche Probleme
b) Vereinbarung
2. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
3. Datenschutz
II. Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen
1. Ausgangspunkt: Verordnung (EG) Nr. 883/2004
2. Grundsatz: Tätigkeitsortsprinzip
3. Ausnahmen gem. Art. 12, Art. 13 VO (EG) 883/2004
a) Entsendung
b) Regelmäßige Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten
4. Ausnahme gem. Art. 16 VO (EG) Nr. 883/2004
III. Steuerrechtliche Auswirkungen
1. Lohnsteuerabzug
2. Betriebsstätte
IV. Fazit


I. Arbeitsrechtliche Aspekte

1. Kein Anspruch

Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf eine Tätigkeit im Homeoffice oder auf mobiles Arbeiten. Selbst wenn sich die Parteien auf eine Form des dezentralen Arbeitens verständigen und der Arbeitgeber damit dem Arbeitnehmer freistellt, an welchem Ort er seine Arbeitsleistung erbringt, beschränkt sich diese Vereinbarung im Zweifel auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

a) Mögliche rechtliche Probleme
Zu berücksichtigen ist, dass eine Tätigkeit im Ausland den dortigen rechtlichen Gegebenheiten unterfallen kann, obwohl der Arbeitgeber diese nicht in jedem Fall einhalten kann oder will. Dies gilt insbesondere für eine Tätigkeit in einem „echten“ Homeoffice. Zudem ist im Regelfall außerhalb Deutschlands die Beachtung der arbeits- und datenschutzrechtlichen Anforderungen schwieriger zu gewährleisten.

b) Vereinbarung
Wenn der Arbeitgeber eine Arbeit im Homeoffice im Ausland zulässt, empfiehlt es sich, hierzu mit dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung zu treffen. Diese sollten z.B. regeln:

  • den zeitlichen Umfang der Tätigkeit im Homeoffice,
  • die Verteilung der Arbeit zwischen Homeoffice und Betriebsstätte sowie
  • einen Ausschluss der Vergütung von Wegezeiten, die zwischen der inländischen Betriebsstätte und dem Homeoffice im Ausland zurückgelegt werden.

Zudem sollte ausdrücklich vorgesehen werden, in welchen Fällen – z.B. mangelnde Erreichbarkeit, Schlechtleistung – der Arbeitgeber das Recht hat, die Tätigkeit im Ausland einseitig zu beenden. Wird nur unregelmäßig mobil im Ausland gearbeitet, erscheint eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber nicht zwingend erforderlich.

Beraterhinweis
Arbeitgeber dürften in der Regel ein Interesse daran haben, das „echte“ Homeoffice mit den sich daran anschließenden arbeitsschutzrechtlichen Besonderheiten zu vermeiden. So ist schon der Arbeitsschutz im inländischen Homeoffice mit vielen Fragen und damit rechtlichen Unsicherheiten verbunden. In einem Homeoffice im Ausland wäre die Einhaltung des Arbeitsschutzes für den deutschen Arbeitgeber kaum mehr zu kontrollieren.

2. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Nach dem neuen § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird, mitzubestimmen.  Dies schließt auch das mobile Arbeiten im Ausland ein.

Von einer Versetzung mit Beteiligungsrechten nach § 99 BetrVG dürfte, wenn die (zeitweise) Verlagerung des Tätigkeitsortes im Ausland auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgt, nicht auszugehen sein.

3. Datenschutz
Bei mobiler Arbeit ist das Risiko eines Datenverlustes bzw. Datenangriffs deutlich höher als bei einer (ausschließlichen) Arbeitstätigkeit im Betrieb. Dies gilt auch und erst recht im Fall eines mobilen Tätigwerdens aus dem Ausland heraus. Wichtig ist, dass ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.10.2021 15:24
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

zurück zur vorherigen Seite