Otto Schmidt Verlag

LAG Berlin-Brandenburg v. 4.5.2022 - 23 Sa 1135/21

Urlaubsanspruch bei Wechselschichttätigkeit nach TV-L

Bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sind Freischichten nicht zu berücksichtigen, wenn diese bei Fälligkeit des Urlaubsanspruchs zu Beginn des Kalenderjahres nicht dienstplanmäßig feststehen.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist bei dem beklagten Land im Gefangenenbewachungsdienst in Wechselschicht beschäftigt. Das beklagte Land stellt die Dienstpläne für das jeweils folgende Kalenderjahr vor Beginn des Jahres auf und sieht bei der Dienstplanung einen durchgehenden Turnus im gesamten Kalenderjahr ohne Einplanung von Freischichten, Urlaubstagen und Zusatzurlaubstagen vor.

Die Dienstpläne haben einen von der 5-Tage-Woche abweichenden Schicht-Rhythmus. Aufgrund der Abweichung ist die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Absatz 1 Satz 4 TV-L gesondert zu berechnen. Dies erfolgt nach der Formel:

Urlaubstage x Arbeitstage im Jahr bei abweichender Verteilung geteilt durch die Arbeitstage im Jahr bei einer Fünftagewoche.

Streit besteht zwischen den Parteien darüber, wie die in der Formel einzusetzenden Arbeitstage zu ermitteln sind. Das beklagte Land hat bei der Ermittlung der Arbeitstage der Klägerin die durchschnittlich zum Zwecke der Einhaltung der tariflichen Jahresarbeitszeit in der Wechselschicht zu gewährenden Freischichten von den dienstplanmäßig vorgesehenen Schichten in Abzug gebracht. Die Freischichten seien in Abzug zu bringen, weil während dieser Schichten keine Arbeitspflicht bestehe.

Die Klägerin hält den Abzug der Freischichten von den dienstplanmäßigen Arbeitstagen für unzulässig und hat auf die Feststellung weiterer Urlaubstage geklagt.

Das LAG gab der Klage im Wesentlichen statt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Bei einer von der 5-Tage-Woche abweichenden Verteilung der Arbeitszeit ist zu ermitteln, an wie vielen Kalendertagen dienstplanmäßig gearbeitet werden muss oder - in Fällen des nachträglichen Wegfalls der Arbeitspflicht, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit, Urlaubs oder sonstiger Freistellung - hätte gearbeitet werden müssen.

Bei einem zu Beginn des Kalenderjahres durchgängig für das gesamte Jahr aufgestellten Dienstplan ohne Einplanung von Freischichten sind Arbeitstage alle Kalendertage, an denen die Beschäftigten für einen Arbeitseinsatz in der Tag- oder Nachtschicht vorgesehen sind. § 26 Absatz 1 Satz 3 TV-L regelt ausdrücklich, dass Arbeitstage solche Kalendertage sind, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig zur Arbeit vorgesehen sind.

Nachträgliche Änderungen des Dienstplans haben keinen Einfluss auf den Jahresurlaubsanspruch, der am 1.1. des Kalenderjahres fällig ist und genommen werden kann. Es kan nicht erst am Jahresende rückblickend geprüft und festgestellt werden, wie viele Freischichten an ursprünglich geplanten Arbeitstagen tatsächlich gewährt worden sind - im Falle der Klägerin deutlich weniger als die durchschnittlich zu gewährenden Freischichten.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.06.2022 10:40
Quelle: LAG Berlin-Brandenburg PM Nr. 13 vom 24.6.2022

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