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Die digitale Betriebsratssitzung - Unter welchen Voraussetzungen kann der Betriebsrat per Videokonferenz, Telefonkonferenz oder hybrid tagen? (Oberthür, ArbRB, 350)

Während der Pandemie hatte der Gesetzgeber den Betriebsräten gem. § 129 BetrVG a.F. befristet die Durchführung digitaler Sitzungen ermöglich. Aber auch unabhängig von der Pandemie können virtuelle Betriebsratssitzungen zu einer effizienteren und nachhaltigeren Betriebsratsarbeit beitragen. Der Gesetzgeber hat dies erkannt und deshalb im Rahmen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes virtuelle Betriebsratssitzungen dauerhaft etabliert. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Neuregelungen.

1. Präsenzsitzung als Normalfall
2. Ausnahme: Digitale Betriebsratssitzung

a) Betriebsratssitzung virtuell und hybrid
b) Regelung in der Geschäftsordnung
c) Widerspruch von Betriebsratsmitgliedern
d) Gewährleistung der Nichtöffentlichkeit
e) Keine Aufzeichnung der Sitzung
f) Anwesenheitsliste
g) Beschlussfassung und Wahlen
3. Digitale Betriebsratswahl?
4. Fazit


1. Präsenzsitzung als Normalfall
Regelungen zur Betriebsratssitzung finden sich in § 30 BetrVG. Der Gesetzgeber hat nun § 30 Abs. 1 BetrVG um einen Satz 5 erweitert, wonach Sitzungen des Betriebsrats als Präsenzsitzung stattfinden. Damit unterstreicht er, dass die Präsenzsitzung auch weiterhin der Normalfall sein soll. Sie sei gegenüber einer mittels Video- und Telefonkonferenz durchgeführten Betriebsratssitzung vorzugswürdig, da Körpersprache, Mimik oder Gestik in digitaler Form nicht in gleicher Weise wahrgenommen werden können. Auch sei ein vertraulicher Einzelaustausch von einzelnen Betriebsratsmitgliedern, der für die Meinungsbildung wichtig sein könne, nicht möglich.

Der Betriebsrat soll sich durch die Einräumung der Möglichkeit virtueller Sitzungen auch nicht unter Druck gesetzt fühlen, diese zu nutzen; dementsprechend gilt gem. § 30 Abs. 3 BetrVG auch bei grds. bestehender virtueller Teilnahmemöglichkeit die Anwesenheit vor Ort als erforderlich i.S.v. § 40 BetrVG.

2. Ausnahme: Digitale Betriebsratssitzung
Ungeachtet des gesetzlich postulierten Vorrangs der Präsenzsitzung ermöglicht § 30 Abs. 2 BetrVG nunmehr die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- und/oder Telefonkonferenz, wenn

  • 1. die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind,
  • 2. nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer vom Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht und
  • 3. sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.

Beraterhinweis
Die Möglichkeit virtueller Sitzungsteilnahme gilt nicht nur für den Betriebsrat, sondern gleichermaßen auch für den Gesamt- und Konzernbetriebsrat, die Jugend- und Auszubildendenvertretung, die Gesamt- und Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie den Wirtschaftsausschuss, ebenso für die Ausschüsse und Arbeitsgruppen nach § 28a BetrVG und für die Sprecherausschussgremien.

Für die Einigungsstelle hat der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung nicht geschaffen; sie muss daher seit dem Außerkrafttreten des § 129 BetrVG a.F. zumindest diejenige Verhandlung, in der ein Spruch gefällt wird, in Präsenz durchführen.

a) Betriebsratssitzung virtuell und hybrid
Auch wenn der Gesetzeswortlaut insoweit nicht ganz eindeutig ist, ermöglicht § 30 Abs. 2 BetrVG sowohl die Durchführung vollständig virtueller Konferenzen als auch die Durchführung hybrider (teil-virtueller) Sitzungen, bei denen ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.12.2021 16:17
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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