Otto Schmidt Verlag

Aktuell im ArbRB

Neue Entwicklungen beim Annahmeverzugslohn - Drei aktuelle Entscheidungen aus Erfurt und Köln (Schulze Zumkley, ArbRB 2024, 83)

In ArbRB 2023, 377 ff. hat Dr. Oliver Fröhlich die aktuellen Entwicklungen rund um den Annahmeverzugslohnanspruch nach § 615 BGB und die Rechtsprechung zum böswilligen Unterlassen anderweitigen Erwerbs (§ 11 Nr. 2 KSchG) dargestellt. Hierauf aufbauend befasst sich der nachfolgende Beitrag mit drei neuen praxisrelevanten Entscheidungen des BAG und LAG Köln zu dieser Thematik.

I. Darlegungslast des Arbeitnehmers bei Vermittlungsmöglichkeiten
1. Sachverhalt
2. Entscheidung und Gründe
3. Konsequenzen
4. Pflicht zur Vorlage von Bewerbungsschreiben?
a) LAG Köln
b) Stellungnahme
II. Kein böswilliges Unterlassen bei Anschlussbeschäftigung binnen drei Monaten
1. Sachverhalt
2. Entscheidung und Gründe
3. Konsequenzen
III. Böswilligkeit wegen zu schlecht bezahlter Anschlussbeschäftigung
1. Sachverhalt
2. Entscheidung und Gründe
3. Konsequenzen
IV. Fazit


I. Darlegungslast des Arbeitnehmers bei Vermittlungsmöglichkeiten

Das LAG Köln hat sich zum einen mit Auskunftsansprüchen des Arbeitgebers hinsichtlich Vermittlungsangeboten und Stellenvorschlägen befasst. Die Entscheidung enthält interessante Ausführungen zum Umfang der Darlegungslast des Arbeitnehmers bei nachgewiesenen Vermittlungsmöglichkeiten.

1. Sachverhalt
Der Arbeitgeber machte gegenüber dem Arbeitnehmer verschiedene Auskunftsansprüche geltend. Der erste Antrag war auf Auskunftserteilung über unterbreitete Vermittlungsangebote und Stellenvorschläge durch die Agentur für Arbeit und/oder das Jobcenter unter Angabe der Tätigkeit, der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Vergütung gerichtet. Diesem hat bereits das Arbeitsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des BAG stattgegeben.

Der Arbeitgeber begehrte jedoch darüber hinaus vom Arbeitnehmer weitergehende Informationen darüber,

  • auf welche dieser Vermittlungsangebote und Stellenvorschläge der Arbeitnehmer sich tatsächlich beworben habe,
  • welche der potentiellen Arbeitgeber ihn zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen haben,
  • wann und bei wem ein Vorstellungsgespräch tatsächlich stattgefunden oder aus welchen Gründen nicht stattgefunden habe und
  • von welchem potentiellen Arbeitgeber er wann eine Absage erhalten habe.

2. Entscheidung und Gründe
Das LAG Köln wies den auf Erteilung dieser weiteren Auskünfte gerichteten Antrag zurück. Für die Praxis interessant ist die Begründung. Ein Auskunftsanspruch kommt nach der Rechtsprechung nur in Betracht, wenn für den Arbeitgeber ohne die begehrten Informationen nachteilige Folgen eintreten können. 3 Dies sei, so das LAG Köln, aufgrund der abgestuften Darlegungs- und Beweislast hier jedoch nicht der Fall:

  • Das BAG habe in seinen Entscheidungen vom 27.5.2020 und 12.10.2022 ausgeführt, dass der Arbeitgeber zunächst schlüssig behaupten müsse, dass jedenfalls Vermittlungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer bestanden hätten.
  • Sei dies geschehen, sei es am Arbeitnehmer, zu Vermittlungsmöglichkeiten und -chancen so konkret wie möglich und unter Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten vorzutragen.

Das LAG Köln knüpft hieran an und konkretisiert die Darlegungslast nun dahingehend, dass sich der Arbeitnehmer in dieser Situation, also wenn der Arbeitgeber Vermittlungsmöglichkeiten schlüssig dargelegt hat, „regelmäßig auch zur Frage, auf welche Stellen er sich beworben hat und welchen Verlauf etwaige Bewerbungsverfahren nahmen, erklären wird“.

Deutlicher wäre es natürlich gewesen, hätte das Gericht statt „erklären wird“ die Formulierung „erklären muss “ gewählt. Da das LAG mit dieser Begründung aber gerade das fehlende Bedürfnis nach Auskunft erläutert und somit davon ausgeht, dass der Arbeitgeber diese Informationen ohnehin zu erhalten hat, ist die Entscheidung so zu lesen, dass das LAG eine entsprechende Pflicht bejaht, diese Angaben zu machen.

Beraterhinweis
Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Vermittlungsmöglichkeiten nach, hat sich der Arbeitnehmer im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast dazu zu erklären, auf welche Stellen er sich beworben hat und welchen Verlauf etwaige Bewerbungsverfahren genommen haben.

3. Konsequenzen
Damit ist geklärt, dass ein Arbeitnehmer seiner Darlegungslast noch nicht genügt, wenn er auf vom Arbeitgeber nachgewiesene Vermittlungsmöglichkeiten nur ganz allgemein behauptet, die Vermittlungsangebote und Stellenvorschläge hätten nicht ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.03.2024 14:11
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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