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Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen beschlossen

Das Bundeskabinett hat am 12.02.2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen beschlossen. Die Richtlinie verfolgt das Ziel, das Gleichgewicht zwischen der unionsrechtlich geschützten Dienstleistungsfreiheit und der Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen einerseits und dem Schutz der im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit von ihrem Arbeitgeber grenzüberschreitend entsandten Arbeitnehmer andererseits neu auszutarieren.

I. Verfahrensgang

12.11.2019 Referentenentwurf der Bundesregierung
12.02.2020 Gesetzesentwurf der Bundesregierung

II. Hintergrund

Im Mai 2019 hatte das BMAS Eckpunkte für die Überarbeitung des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG) zur Anpassung an die Vorgaben der "neuen", bereits am 29. Juli 2018 in Kraft getretenen, "EU-Entsende-richtlinie" (RL (EU) 2018/957) vorgelegt, die bis zum 30. Juli 2020 in nationales Recht umzusetzen ist. Die Überarbeitung der Entsenderichtlinie soll die Arbeitsbedingungen entsandter Arbeitnehmer verbessern und zugleich die Wirtschaft vor Lohndumping und unfairer Konkurrenz schützen.

Der Gesetzentwurf setzt die überarbeitete Entsenderichtlinie um und verbessert damit die Situation von Arbeitnehmern, die nach Deutschland entsandt werden. Sie profitieren künftig in stärkerem Umfang als bisher von Arbeitsbedingungen, die in deutschen Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen geregelt sind. Damit werden hiesige Lohn- und Arbeitsbedingungen vor unfairer Konkurrenz geschützt.

Statt - wie bisher - nur der Vorschriften über "Mindestentgelte" sollen künftig die Vorschriften über alle Elemente der "Entlohnung" gelten. Mit dem Gesetz wird sichergestellt, dass ganze Lohngitter, Überstundensätze oder auch Zulagen (z.B. Schmutz- und Gefahrenzulagen) und Sachleistungen des Arbeitgebers künftig für alle in Deutschland arbeitenden Arbeitnehmer geleistet werden müssen. Zugleich kann die Vergütung stärker nach Tätigkeit, Qualifikation und Berufserfahrung differenzieren. Der Gesetzentwurf regelt auch die Anforderungen an Unterkünfte, die vom Arbeitgeber gestellt werden (müssen).

Der Gesetzentwurf verhindert darüber hinaus, dass Geld, welches die Arbeitnehmer zur Erstattung seiner Aufwendungen erhält, auf die Entlohnung angerechnet wird.

Wenn die aufgelisteten Arbeitsbedingungen in deutschlandweit geltenden allgemeinverbindlichen Tarifverträgen geregelt sind, gelten sie künftig auch für entsandte Arbeitnehmer - und zwar in allen Branchen. Bislang galt dies nur für das Baugewerbe. Die in solchen deutschlandweit geltenden allgemeinverbindlichen Tarifverträgen enthaltenen Entlohnungsbedingungen werden von den Zollbehörden kontrolliert. Mit dem Gesetzentwurf werden diese deutlich verstärkt. Der Zoll wird noch einmal um ca. 1.000 neue Mitarbeiter verstärkt. Damit setzt die Bundesregierung ein weiteres deutliches Zeichen für Ordnung auf dem Arbeitsmarkt und gegen unlauteren Wettbewerb.

Außerdem sollen langzeitentsandte Arbeitnehmer künftig grundsätzlich von allen in Deutschland vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen profitieren. Das gilt sowohl für gesetzlich als auch für in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen geregelte Arbeitsbedingungen. Arbeitgeber mit Sitz im Ausland müssen dann - wie Arbeitgeber in Deutschland - alle allgemeinverbindlichen Tarifverträge einhalten, also auch den anwendbaren bundesweiten oder auch regionalen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag.

Das Gesetz kann jetzt dem Bundesrat zugeleitet und das parlamentarische Verfahren eingeleitet werden. Das Umsetzungsgesetz soll, wie von der überarbeiteten Entsenderichtlinie vorgesehen, zum 30.07.2020 in Kraft treten.

III. Wesentlicher Inhalt des Referentenentwurfs

Die Änderungsrichtlinie verfolgt das Ziel, das Gleichgewicht zwischen der unionsrechtlich geschützten Dienstleistungsfreiheit und der Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen einerseits und dem Schutz der im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit von ihrem Arbeitgeber grenzüberschreitend entsandten Arbeitnehmer andererseits neu auszutarieren. Zu diesem Zwecke enthält die Änderungsrichtlinie insbesondere folgende Maßnahmen:

  • Der Katalog der auf entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anwendbaren Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen des Staates, in den die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden, wird erweitert. In § 2a f. wird eine Definition des Begriffs "Entlohnung" und eine Regelung zur Anrechnung von Zulagen vorgenommen.
  • In § 3 wird - entsprechend der Rechtslage bis August 2014 - die Anwendung allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge über die Bauwirtschaft hinaus ausgeweitet. Die Allgemeinverbindlicherklärung tritt (erneut) generell gleichrangig neben die Möglichkeit der Erstreckung durch Rechtsverordnung.
  • In den §§ 13b f.wird für sogenannte "langzeitentsandte" Arbeitnehmer (Entsendung von mehr als zwölf bzw. 18 Monaten) die generelle Anwendung von allgemeinverbindlichen Tarifverträgen (also auch regionaler nicht bundesweiter) angeordnet.
  • Die Anwendbarkeit der Entsenderichtlinie auf bestimmte Konstellationen der Arbeitnehmerüberlassung wird klargestellt und die Änderungsrichtlinie führt bestimmte Informationspflichten für Entleiher ein.
  • Die Voraussetzungen, unter denen Entsendezulagen auf die Entlohnung angerechnet werden können, die in dem Staat vorgeschrieben ist, in den die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsandt werden, werden klarer gefasst.

Die Umsetzung der Änderungsrichtlinie erfordert Änderungen im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG).


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 12.02.2020,
Quelle: David Schneider, Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln