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Bundesrat stimmt Paketboten-Schutz-Gesetz zu

Der Bundesrat hat am 8. November 2019 den Weg für das Paketboten-Schutz-Gesetz freigemacht. Damit können die Neuregelungen wie geplant noch vor dem Weihnachtsgeschäft in Kraft treten.

I. Verfahrensgang

12.4.2019 Beschlussdrucksache des Bundesrats
26.4.2019 Referentenentwurf des BMAS
18.9.2019 Gesetzesentwurf der Bundesregierung
11.10. 2019 Stellungnahme des Bundesrates
24.10.2019 Gesetzesbeschluss des Bundestages
08.11.2019 Beschluss des Bundesrates 


II. Hintergrund

Eine bundesweite Razzia des Zolls im Februar 2019 hatte ergeben, dass jedes sechste überprüfte Beschäftigungsverhältnis in der Branche tendenziell kritisch war. Hintergrund der Entwicklung ist das seit Jahren anhaltende Wachstum des Onlinehandels, mit dem auch die Paketbranche (auch "KEP-Branche": Kurier-, Express- und Paketdienste) an Bedeutung gewonnen hat.

Mittlerweile sind die Paketdienste dazu übergegangen, einen Teil ihrer Aufträge aus Kapazitätsgründen an Subunternehmer abzugeben. Dabei kommt es unter anderem zu Schwarzgeldzahlung, Sozialleistungs- und Sozialversicherungsbetrug zulasten der Beschäftigten. Ziel des Paketboten-Schutz-Gesetzes ist es zugleich auch, die ehrlichen Unternehmen vor unfairem Wettbewerb zu schützen.

Die Nachunternehmerhaftung (auch Generalunternehmerhaftung) stellt sicher: Wer einen Auftrag annimmt und an einen Nachunternehmer weiter vergibt, haftet für die abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge. Führt der Subunternehmer keine Beiträge ab und sind sie nach Kontrollen nicht bei ihm einzutreiben, steht der Hauptunternehmer ein.

Um Hauptunternehmer zu entlasten, ohne die Pflichten der Nachunternehmer zu vernachlässigen, können Krankenkassen und Berufsgenossenschaften dem Nachunternehmer, der die Sozialbeiträge bisher ordnungsgemäß abgeführt hat, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen. Wer einen Auftrag an eine Firma weitergibt, die solch eine Bescheinigung vorweisen kann, ist von der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge befreit, wenn diese Firma die Beiträge wider Erwarten doch nicht abführt.

III. Wesentlliche Inhalte des Gesetzesentwurfs 

Ein Unternehmer dieser Branche, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung der Dienstleistung beauftragt, soll nach dem Entwurf für nicht gezahlte Sozialabgaben haften, wenn der Subunternehmer seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt. Diese Haftung soll auch auf weitere Auftragnehmer des Subunternehmers erstreckt werden, wenn das Ziel der Beauftragung ein Umgehungstatbestand ist. Dazu soll § 28e SGB IV um einen neuen Absatz 3g ergänzt werden, der die entsprechende Geltung der Vorschriften zur Nachunternehmerhaftung in der Baubranche (§ 28e Abs. 3a bis 3c, 3e und 3f SGB IV) anordnet. Die Voraussetzungen für ein Entfallen der Haftung sollen ebenfalls entsprechend den Vorschriften für die Baubranche gelten. 

Die Haftung soll entfallen, wenn der Generalunternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer seine Zahlungspflicht erfüllt. Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, wenn er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Subunternehmers durch eine Präqualifikation nachweist. Der Nachweis der Präqualifikation soll entweder durch einen Eintrag in ein amtliches Verzeichnis oder über eine Zertifizierung nach den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU (Richtlinie über öffentliche Auftragsvergabe) erfolgen. Der Unternehmer kann den Nachweis seines fehlenden Verschuldens auch durch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der zuständigen Einzugsstelle führen. 

Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet. Es soll überwiegend am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 13.04.2019,
Quelle: David Schneider, Institut für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht der Universität zu Köln