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Für das Sommerloch: Ungeknickte und ungetackerte Arbeitszeugnisse?

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Das LAG Rheinland-Pfalz hat im Urteil vom 09.11.2017 (5 Sa 314/17) entschieden, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein ungeknicktes und ungetackertes Arbeitszeugnis hat.

Bereits das BAG hatte festgestellt (Urteil v. 21.09.1999 – 9 AZR 893/98, dazu und zu den weiteren formellen Erfordernissen HWK-Gäntgen, 8. Aufl 2018, § 109 GewO, Rz. 14 m.w.N.), dass ein Zeugnisanspruch auch mit einem zweimal gefalteten Zeugnis erfüllt ist, wenn das Originalzeugnis kopierfähig ist und sich die Knicke im Zeugnisbogen nicht auf den Kopien abzeichnen. Auch die körperliche Verbindung einzelner Blätter, die nur am Ende des zweiten Blattes unterzeichnet sind, ist nicht mehr erforderlich, wenn sich die Einheitlichkeit des Zeugnisses anderweitig ergibt (BAG v. 04.11.2015 – 7 AZR 933/13). Umgekehrt gibt es keine Hinweise darauf, dass ein „getackertes Zeugnis“ signalisiert, dass der Aussteller mit dem Arbeitnehmer nicht zufrieden gewesen sei.

Das LAG Rheinland-Pfalz hat ferner die Rechtsprechung des BAG bestätigt, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, im Schlusssatz des Zeugnisses einen Ausdruck des Bedauerns und gute Wünsche auszunehmen. Der Arbeitgeber ist nach der Rechtsprechung des BAG (v. 11.12.2012 – 9 AZR 227/11, ArbRB 2013, 68 [Oetter]) nicht verpflichtet, im Schlusssatz persönliche Empfindungen wie Bedauern, Dank oder gute Wünsche zum Ausdruck zu bringen. Auch dann, wenn der Arbeitnehmer mit der Schlussformulierung nicht einverstanden sei, habe er keinen Anspruch auf einen solchen – subjektiv determinierten – Schlusssatz, sondern nur auf ein Zeugnis ohne Schlusssatz (so BAG, a.a.O.; so schon dieselbe Kammer LAG Rheinland-Pfalz im Urteil v. 17.11.2016 – 5 Sa 264/16; kritisch dazu („nicht überzeugende Ansicht des BAG“) HWK-Gäntgen, 8. Aufl 2018, § 109 GewO, Rz. 28a m.w.N.).

Im hier entschiedenen Fall bestand noch die Besonderheit, dass der Anwalt des Klägers im Prozessvergleich nicht die Schlussformel und erst recht nicht den genauen Text aufgenommen hatte, ein klarer anwaltlicher Kunstfehler bei der Prozessvertretung von Arbeitnehmern. Der Streit über diese Schlussformulierung wäre daher vermeidbar gewesen, was mit Blick auf den Aufwand (Führung eines Prozesses in zwei Instanzen um ein Zeugnis!) auch im Arbeitgeberinteresse gelegen hätte. Zur Vollstreckbarkeit einer „üblichen Dankes- und Bedauernsformel“ finden Sie auf www.arbrb.de den Blog von Schneider zu LAG Berlin-Brandenburg v. 5.4.2018 (9 Ta 1625/17).

RA FAArbR Dr. Detlef Grimm ist Partner bei Loschelder Rechtsanwälte, Köln. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Mitautor des Arbeitsrecht Handbuchs (Hrsg. Tschöpe) sowie des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst (Hrsg. Groeger).

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