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Vorsicht: missverständliche Berichte zu Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen

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Wie bereits mitgeteilt wurde, hat das BAG am 5.3.2013 (1 AZR 417/12) entschieden, dass Betriebsrat und Arbeitgeber in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung (§ 88 BetrVG) eine Altersgrenze für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen regeln können. Eine solche Betriebsvereinbarung wahrt die Grundsätze von Recht und Billigkeit (§ 75 Abs. 1 BetrVG), wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem Arbeitnehmer die Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen können.

Das Magazin Focus, der Sender n-tv, aber auch die Süddeutsche Zeitung und der Kölner Stadtanzeiger berichten, dass die Altersgrenzenregelung einer Betriebsvereinbarung einzelvertragliche Abmachungen verdränge. Aus der Pressemitteilung des BAG (www.bundesarbeitsgericht.de) ergibt sich dies jedoch nicht. Das Verhältnis zwischen Betriebsvereinbarung und Arbeitsvertrag hat der Große Senat des BAG dahin geklärt, dass bei einer vertraglichen Abrede über das Ende des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung keine niedrigere Altersgrenze festgelegt werden kann (Beschl. v. 7.11.1989 – GS 3/85, BAGE 63, 211). Der Kläger des Dienstag letzter Woche vom BAG entschiedenen Verfahrens hatte jedoch bei seiner Einstellung durch die Volkswagen AG im Jahre 1980 einen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und die Betriebsvereinbarung galt bereits seit 1976. Es kann kaum zweifelhaft sein, dass ein unbefristeter Arbeitsvertrag nach dem Günstigkeitsprinzip Vorrang vor einer späteren Altersgrenzenregelung in einer Betriebsvereinbarung hat. Denn grundsätzlich steht ein Arbeitnehmer günstiger, wenn er auf Grund seines Arbeitsvertrags selbst entscheiden kann, ob er mit Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand treten oder ob er weiter arbeiten will. Entscheidend dürfte somit sein, ob der Arbeitsvertrag „betriebsvereinbarungsoffen“ war und ob dies hinreichend klar (im konkreten Fall in der Versorgungsordnung) vereinbart war.

Daher und wegen des Tarifvorbehalts (§ 77 Abs. 3 BetrVG) sind Regelungen über Altersgrenzen in Betriebsvereinbarungen nicht uneingeschränkt wirksam.

RA FAArbR Axel Groeger, Bonn
www.redeker.de

 

RA FAArbR Axel Groeger ist Partner bei Redeker Sellner Dahs, Bonn. Er gehört zum festen Autorenteam des Arbeits-Rechtsberaters und ist Herausgeber des Handbuchs Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst.

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