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Bundesregierung beschließt Bürgergeld-Gesetz

Mit dem Bürgergeld-Gesetz bringt die Bundesregierung zentrale Regelungen zur Erneuerung der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf den Weg. Änderungen bei den Regelbedarfen, Einkommensfreibeträgen, Weiterbildungsmöglichkeiten, im Eingliederungsprozess und bei den Anspruchsvoraussetzungen bilden die Schwerpunkte dieser großen Sozialreform.

Die wichtigsten Neuregelungen, die mit dem Bürgergeld-Gesetz vorgenommen werden, im Überblick:

Regelbedarfe
Die Preisentwicklung und damit auch die Auswirkungen der Energiekrise sollen durch eine aktuellere Fortschreibung der Regelbedarfe berücksichtigt werden.

Für die Regelbedarfe ergeben sich zum 1.1.2023 folgende Beträge:

  • nicht mit Partnern zusammenlebende Erwachsene: 502 €
  • mit Partnern zusammenlebende Erwachsene, Erwachsene in besonderer Wohnform (nur SGB XII): 451 €
  • Erwachsene in stationären Einrichtungen (nur SGB XII), Erwachsene unter 25 Jahre im Haushalt der Eltern (nur SGB II): 402 €
  • Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahre: 420 €
  • Kinder von 6 bis unter 14 Jahre: 348 €
  • Kinder bis unter 6 Jahre: 318 €

Freibeträge
Wer zwischen 520 und 1.000 € verdient, soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können: Die Freibeträge in diesem Bereich werden auf 30 % angehoben. Auch die Freibeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende werden erhöht.

Mehr Bürgerfreundlichkeit

  • Das Bürgergeld soll insgesamt unbürokratischer und digital zugänglicher werden - mit einer einfachen, nutzerorientierten und barrierefreien Beantragung. Mit einer Bagatellgrenze von 50 € für Rückforderungen wird zudem die Anzahl der Bescheide reduziert und Bürokratie abgebaut. Gleichzeitig sollen Karenzzeiten für Wohnen und Vermögen eine Verwaltungsvereinfachung mit sich bringen.
  • Leistungsberechtige und Integrationsfachkräfte sollen gemeinsam einen Kooperationsplan erarbeiten. Dieser soll in verständlicher Sprache die gemeinsam entwickelte Eingliederungsstrategie dokumentieren und keinen Hinweis auf Rechtsfolgen enthalten. Mit Erstellung des Kooperationsplans beginnt eine sechsmonatige Vertrauenszeit, in der bei Pflichtverletzungen keine Leistungsminderungen erfolgen.


Mehr Weiterbildung und nachhaltigere Vermittlungen in Arbeit

  • Der Vermittlungsvorrang wird abgeschafft. So sollen Qualifizierung und nachhaltige Arbeitsaufnahmen gestärkt werden.
  • Teilnehmende an einer berufsabschlussbezogenen Weiterbildung erhalten künftig ein monatliches Weiterbildungsgeld i.H.v. 150 €, wenn sie arbeitslos sind oder als Beschäftigte aufstockende SGB II-Leistungen beziehen. Die Prämienregelungen für den erfolgreichen Abschluss der Zwischen- und Abschlussprüfung werden entfristet.
  • Zudem wird ermöglicht, bei Bedarf in drei Jahren eine Umschulung im Rahmen einer geförderten beruflichen Weiterbildung zu besuchen anstatt wie bisher in zwei Jahren.
  • Für die Teilnahme an Maßnahmen, die für eine nachhaltige Integration von besonderer Bedeutung sind, wird ein Bürgergeldbonus i.H.v. monatlich 75 € eingeführt.
  • Der "Soziale Arbeitsmarkt" soll entfristet und dauerhaft verankert werden.
  • Aufsuchendes oder beschäftigungsbegleitendes Coaching wird als neues Regelinstrument eingeführt.

Konzentration auf die Arbeitsuche: Karenzzeiten für Wohnung und Vermögen

  • Leistungsberechtigte sollen sich zu Beginn des Bürgergeldbezugs ganz auf die Arbeitsuche konzentrieren können. Deswegen gelten in den ersten zwei Jahren Karenzzeiten für Wohnung und Vermögen. In dieser Zeit wird Vermögen nicht berücksichtigt, sofern es nicht erheblich ist und die Unterkunftskosten werden in tatsächlicher Höhe anerkannt.
  • Auch nach Ablauf dieser Karenzzeiten soll die Vermögensprüfung entbürokratisiert und die Freibeträge für die Bürgergeldbeziehenden angehoben werden. Bei Wohneigentum wird gesetzlich definiert, wann ein selbstgenutztes Hausgrundstück oder eine selbstgenutzte Eigentumswohnung als angemessen anerkannt wird. Außerdem soll das Vermögen, das der Altersvorsorge dient, besser geschützt werden. Versicherungsverträge, die zur Alterssicherung dienen, gelten nicht als Vermögen.
  • Neuordnung der Leistungsminderungen: Außerhalb der sechsmonatigen Vertrauenszeit betragen Leistungsminderungen wegen Pflichtverletzungen nach Aufforderungen mit Rechtsfolgenbelehrung zunächst 20 % und dann im Weiteren höchstens 30 % des maßgebenden monatlichen Regelbedarfs. Kosten der Unterkunft und Heizung werden nicht gemindert.


Zeitplan:
Der Gesetzentwurf geht nun ins parlamentarische Verfahren, soll bis Jahresende verkündet werden und zum 1.1.2023 in Kraft treten. Einzelne Regelungen, deren Umsetzung etwas mehr Vorlauf erfordert, treten zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.09.2022 14:29
Quelle: BMAS PM vom 14.9.2022

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