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Aktuell im ArbRB

Die neuen Mindestarbeitsbedingungen - Zur Umsetzung der EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie und deren Folgen für die Arbeitsrechtspraxis (Reufels/Soltysiak, ArbRB 2022, 237)

Die Mitgliedstaaten mussten die Richtlinie 2019/1152/EU über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen vom 20.6.2019 („Arbeitsbedingungenrichtlinie“) bis zum 1.8.2022 umsetzen. Der Beitrag befasst sich mit den im Umsetzungsgesetz statuierten Mindestanforderungen an Arbeitsverhältnisse und erläutert, inwieweit die Umsetzung gelungen ist sowie welche Folgen sich hieraus ergeben.

I. Gang des Gesetzgebungsverfahrens
II. Die Arbeitsbedingungenrichtlinie
III. Der Entwurf zur Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie

1. Artikelgesetz
2. Probezeit
a) Angemessenes Verhältnis zur Dauer des (befristeten) Arbeitsver
hältnisses
b) Keine Ausnahmeregelung
3. Mindestvorhersehbarkeit der Arbeit
4. Übergang zu sicheren Beschäftigungsformen
a) § 18 Abs. 2 TzBfG n.F.
b) § 7 TzBfG n.F.
c) § 13a Abs. 2 AÜG n.F.
5. Pflichtfortbildungen
6. Ausweitung der Geltung arbeitsrechtlicher Vorschriften
IV. Fazit


I. Gang des Gesetzgebungsverfahrens

Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union im Bereich des Zivilrechts (RL 2019/1152/EU) wurde bereits am 20.6.2019 erlassen. Ein erster Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ließ bis zum 14.1.2022 auf sich warten. Auf der Grundlage eines Entwurfs der Bundesregierung vom 6.4.2022 hat der Bundestag das Gesetz jetzt am 23.6.2022 verabschiedet. Die Richtlinie wird damit fristgerecht in deutsches Recht umgesetzt. Welche Neuregelungen konkret zu beachten sind, wird im Folgenden beleuchtet.

II. Die Arbeitsbedingungenrichtlinie
Die Richtlinie verfolgt das Ziel, Arbeitsbedingungen zu verbessern, indem eine transparente und vorhersehbare Beschäftigung gefördert und zugleich die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes gewährleistet wird. Zur Erreichung dieses Ziels sieht die Arbeitsbedingungenrichtlinie mehrere Maßnahmen zur Festlegung von Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen vor. Hierzu zählen:

  • eine Regelung der Höchstdauer einer Probezeit von sechs Monaten zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses,
  •  die Sicherstellung der Angemessenheit der Länge der Probezeit bei befristeten Arbeitsverträgen und
  •  die Etablierung der Möglichkeit einer Mehrfachbeschäftigung sowie ein damit einhergehendes Verbot von Ausschließlichkeitsklauseln und Einschränkungen für Unvereinbarkeitsklauseln.

In Bezug auf Arbeit auf Abruf wird außerdem ein bestimmtes Maß an Planbarkeit der Arbeit mit angemessenem Vorlauf für Arbeitnehmer mit unvorhersehbarem Arbeitszeitplan etabliert. Im Übrigen soll gewährleistet werden, dass ein Missbrauch von Abruf- und sog. Null-Stunden-Verträgen, bei denen eine besonders hohe Flexibilität des Arbeitgebers hinsichtlich der bedarfsweisen Anforderung von Arbeitnehmern besteht, ausgeschlossen ist.

Wenn Arbeitgeber Arbeitnehmern in atypischen Arbeitsverhältnissen Vollzeitarbeitsverträge oder unbefristete Arbeitsverträge anbieten können, soll künftig der Übergang zu diesen sichereren Arbeitsformen durch entsprechende gesetzliche Regelungen gefördert werden. Hierzu sieht Art. 12 RL 2019/1152/EU vor, dass Arbeitnehmer, die um einen Wechsel in eine sichere Beschäftigungsform ersuchen, gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf eine schriftliche Antwort haben.

Zuletzt verlangt die Richtlinie die Umsetzung eines Anspruchs auf Informationen über einen etwaigen Fortbildungsanspruch.

III. Der Entwurf zur Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie
Inwieweit das Umsetzungsgesetz die von der Richtlinie statuierten Anforderungen erfüllt, sie unterschreitet oder sogar über sie hinausgeht, lässt sich durch eine Gegenüberstellung beider Legislativakte illustrieren:

1. Artikelgesetz
Aufgrund der Tatsache, dass in Deutschland kein einheitliches Arbeitsgesetzbuch existiert, besteht bei der Umsetzung von EU-Richtlinien häufig das Erfordernis der Änderung mehrerer Gesetze. Dennoch ist es auch möglich, dies in einem einzigen ändernden Gesetz zu erreichen – und zwar mit einem Artikelgesetz. Ein solches Artikelgesetz hat der Gesetzgeber auch bei der Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie erlassen und in dessen Zuge gleich mehrere Gesetze...



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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 23.08.2022 09:22
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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