Otto Schmidt Verlag

ArbG Bonn v. 6.7.2022 - 5 Ca 322/22

Außerordentliche Kündigung bei der Deutschen Welle aufgrund des Vorwurfs israelfeindlicher Äußerungen einer Mitarbeiterin

Um eine Kündigung aufgrund des Vorwurfs israelfeindlicher und antisemitischer Äußerungen einer Mitarbeiterin der Deutschen Welle ging es in einem Kündigungsschutzverfahren vor dem ArbG Bonn.

Die Klägerin ist seit dem 1.9.2019, zuletzt auf Basis eines Honorar-Rahmenvertrages, als Videoproduzentin und Redakteurin für das Internetangebot und die Social-Media-Kanäle bei der Deutschen Welle beschäftigt. Das Vertragsverhältnis der Parteien ist bis zum 31.12.2023 befristet.

Die Deutsche Welle kündigte das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 11.2.2022 außerordentlich fristlos. Sie stützt die Kündigung u.a. auf private Facebook-Eintragungen der Klägerin, welche nach Ansicht der Deutschen Welle als israelfeindlich und antisemitisch angesehen werden und das Existenzrecht Israels in Frage stellen würden. Durch die Äußerungen der Klägerin sei das Ansehen der Beklagten nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen worden.

Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren die Feststellung, dass die Kündigung vom 11.2.2022 ihr Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst habe und ungeachtet der vereinbarten Befristung unbefristet fortbestehe. Es handele sich nicht um ein freies Mitarbeiterverhältnis, sondern um ein Arbeitsverhältnis. Sie ist zudem der Ansicht, dass die von ihr getätigten Facebook-Eintragungen weder israelfeindlich noch antisemitisch seien. Auch stelle sie die Existenz Israels nicht in Frage. Schließlich beruft sich die Klägerin auf ihre grundrechtlich geschützte Meinungsäußerungsfreiheit.

In der mündlichen Verhandlung wurden die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist, der etwaige Vorrang einer Abmahnung und die Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit der Klägerin und den Programmgrundsätzen der Deutschen Welle erörtert.

Das ArbG hat der Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche Kündigung des Honorar-Rahmenvertrages der Beklagten stattgegeben. Im Hinblick auf den Streit um die Befristung wurde die Klage abgewiesen, da es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis, sondern um ein Dienstverhältnis mit selbstständiger Tätigkeit handele. Der Honorarvertrag würde danach zum 31.12.2023 enden. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Kündigung wegen fremdenfeindlicher Äußerungen eines Arbeitnehmers in WhatsApp-Chat - Grenzen der Vertraulichkeit
Johannes Allmendinger, DB 2022, 64

Kurzbeitrag:
Rassistische Äußerungen über Vorgesetzte können Job kosten
IWWAA 2021, 109

Aufsatz:
Homophobe Äußerung gegenüber Kollegen reicht nicht für fristlose Kündigung aus
LAG Düsseldorf v. 28.4.2021 - 4 Sa 580/20, DB 2021, 1952

Alles auch abrufbar im Aktionsmodul Arbeitsrecht:
Für klare Verhältnisse sorgen: Mit den Inhalten der erstklassigen Standardwerke zum Arbeitsrecht. Topaktuell mit Fachinformationen rund um die Corona-Krise. Zahlreiche bewährte Formulare auch mit LAWLIFT bearbeiten! Jetzt hier vorab online: die Neuauflage HWK Arbeitsrecht Kommentar!
4 Wochen gratis nutzen!



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.07.2022 15:43
Quelle: ArbG Bonn PM vom 12.7.2022

zurück zur vorherigen Seite