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Vertrauensurlaub als Urlaubsmodell für die Zukunft? (Niklas, ArbRB 2022, 211)
Freiheit, Autonomie, Vertrauen und Wertschätzung stehen ganz oben auf dem Wunschzettel vieler Beschäftigter. In diesem Zusammenhang gewinnt zunehmend auch das Konzept des Vertrauensurlaubs an Bedeutung. Damit Einführung und Umsetzung erfolgreich sind, sind einige Rahmenbedingungen sowie Risiken zu beachten, über die die Autorin einen Überblick gibt.
I. Chancen und Risiken von Vertrauensurlaub
1. Vertrauensurlaub
2. Chancen
3. Risiken
II. Rahmenbedingungen
1. Vereinbarung treffen
a) Verfall
b) Abgeltung
c) Sinnvolle Grenzen
aa) Probezeit
bb) Kündigung
cc) Krankheit
dd) Mutterschutz und Elternzeit
ee) Höchstgrenzen
2. Dokumentation des Mindesturlaubs
3. Vermeidung von Missbrauch
a) Widerrufsvorbehalt
b) Testphase
III. Mitbestimmung des Betriebsrats
IV. Fazit
I. Chancen und Risiken von Vertrauensurlaub
1. Vertrauensurlaub
Der Begriff des Vertrauensurlaubs ist gesetzlich nicht definiert. Gemeint ist damit, dass jede in einem Arbeitsverhältnis stehende Person für sich selbst entscheiden kann, wie viele bezahlte Urlaubstage sie in einem Jahr braucht und wann sie diese nehmen möchte. Vorgaben des Arbeitgebers sind dabei nicht zu beachten; es muss nur sichergestellt sein, dass die Arbeit erledigt wird und vereinbarte Ziele erreicht werden.
2. Chancen
Arbeitgeber, die sich für dieses Konzept entscheiden, möchten den Verwaltungsaufwand, der insbesondere für die Beantragung und Erfassung des klassischen Urlaubs erforderlich ist, einsparen, um die dadurch freiwerdende Arbeitskraft anderweitig sinnvoll zu nutzen. Ebenso möchten sie ihren Beschäftigten echtes Vertrauen auf Augenhöhe und authentische Wertschätzung entgegenbringen und diesen das oft gewünschte Mehr an Freiheit und Flexibilität geben. Sie zeigen sich damit zugleich als moderner und für den Wandel offener Arbeitgeber, was im Wettbewerb um Fachkräfte wichtig ist und die Attraktivität des Unternehmens steigert.
Als „Gegenleistung“ für diese Wertschätzung, das Vertrauen, die Flexibilität und die Freiheit zeigen sich die Beschäftigten vielfach motivierter. Gleichzeitig sind sie durch die selbst gewählte Freizeit auch regelmäßig erholter, denn der Bedarf an Erholung jedes Einzelnen ist sehr unterschiedlich und kann mit den starren Grenzen des klassischen Urlaubs nicht für alle Personen gleichermaßen befriedigt werden. Erholung und Motivation wiederum spiegeln sich in der Regel in einer höheren Produktivität. Die Vorteile von Vertrauensurlaub liegen damit klar auf der Hand.
3. Risiken
Vertrauensurlaub birgt aber auch Risiken, die Arbeitgeber sich bei der Entscheidung über dessen Einführung vor Augen führen und für die sie Lösungen finden müssen. Nicht alle Menschen können sich in dem erforderlichen Maß organisieren, um ihre Urlaubstage frei einzuteilen, sich mit Kollegen abzustimmen und dabei auch noch sicherzustellen, dass vereinbarte Ziele dennoch erreicht werden. Dies ist auch deshalb zu berücksichtigen, weil es u.U. zu Konflikten in der Belegschaft und damit zu negativen Auswirkungen auf das Klima am Arbeitsplatz und/oder den Zusammenhalt im Team kommen kann, wenn Beschäftigte dem Vertrauensvorschuss nicht gerecht werden können. Im schlechtesten Fall hat dies zur Folge, dass einige Menschen gar keinen Urlaub nehmen, krank werden und lange ausfallen.
Beraterhinweis Um ein Burn-Out und lange Ausfallzeiten zu vermeiden, muss auch bei Einführung von Vertrauensurlaub zwingend sichergestellt werden, dass der gesetzliche Mindesturlaub eingehalten wird.
II. Rahmenbedingungen
1. Vereinbarung treffen
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) kennt keinen Vertrauensurlaub. In § 3 Abs. 1 BUrlG ist aber ausdrücklich geregelt, dass (...)