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Aktuell im ArbRB

Die Zurückweisung einer Kündigung (Fröhlich, ArbRB 2022, 187)

Nach § 174 Satz 1 BGB ist eine von einem Bevollmächtigten ausgesprochene Kündigung grds. unwirksam, wenn dieser keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der Arbeitnehmer die Kündigung aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte (§ 174 Satz 2 BGB). Wegen der Unwirksamkeitsfolge handelt es sich bei der Zurückweisung um ein „scharfes Schwert“. Das gilt wegen der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB insbesondere für außerordentliche Kündigungen. Arbeitgeber sollten daher stets im Blick haben, wie sie das Risiko einer Zurückweisung vermeiden können, während Arbeitnehmer und ihre Vertreter die Chancen, die sich ihnen über § 174 BGB eröffnen, nutzen sollten, ohne selbst vermeidbare Fehler zu begehen.


1. Ausgangslage

a) Unmittelbare Anwendung von § 174 BGB

b) Analoge Anwendung

2. Vollmachtsurkunde

3. In-Kenntnis-Setzen

4. Zurückweisung

a) Form und Vollmacht

b) Ohne schuldhaftes Zögern

c) Grund der Zurückweisung

5. Fazit


1. Ausgangslage

a) Unmittelbare Anwendung von § 174 BGB


Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist eine einseitige und rechtsgestaltende Willenserklärung. Bei deren Vornahme (Erklärung) durch einen Bevollmächtigten ist zur Vermeidung des Risikos einer Zurückweisung entweder

  • eine vom Vollmachtgeber unterzeichnete Originalvollmachtsurkunde beizufügen oder
  • es ist vorab auf Arbeitgeberseite sicherzustellen, dass der Kündigungsempfänger, also der Arbeitnehmer von der Bevollmächtigung nachweisbar und durch den Vollmachtgeber in Kenntnis gesetzt wurde.


Einem In-Kenntnis-Setzen steht es gleich, wenn die Vollmacht im Handelsregister eingetragen ist.

Beraterhinweis Ist z.B. eine Prokura bereits länger als 15 Tage im Handelsregister eingetragen, so wird die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Ein In-Kenntnis-Setzen über die Bevollmächtigung und die Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber ist dann aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

b) Analoge Anwendung

Dem Wortlaut nach gilt § 174 BGB unmittelbar nur für das Handeln eines Vertreters aufgrund einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht. Die Vorschrift ist damit auf gesetzliche oder ihnen gleichgestellte Vertreter nicht – auch nicht analog – anzuwenden.

Eine analoge Anwendung der Norm kommt allerdings in Betracht, wenn der Kündigungsempfänger eine vergleichbare Unsicherheit über die vom Vertreter in Anspruch genommene Vertretungsmacht hat und diese Vertretungsmacht auf einer Willensentscheidung des Vertretenen beruht, die von ihm gegenüber dem Erklärungsempfänger nachgewiesen werden kann. Auch wenn das Recht zur Zurückweisung im Fall der organschaftlichen Vertretung grds. nicht besteht, ist die Norm daher analog anzuwenden, wenn (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.07.2022 09:00
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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