Otto Schmidt Verlag

Aktuell im ArbRB

Die Neuregelung des Nachweisgesetzes (Oberthür, ArbRB 2022, S1)

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in nationales Recht wird bereits zum 1.8.2022 in Kraft treten. Unternehmen sollten sich deshalb schon jetzt mit den neuen Anforderungen vertraut machen. Der Beitrag stellt die Änderungen des Nachweisgesetzes vor und gibt Umsetzungstipps.


1. Arbeitnehmerbegriff der Richtlinie (RL) 2019/1152/EU

2. Zeitpunkt der Nachweiserteilung

3. Form der Nachweiserteilung

4. Allgemeiner Inhalt des zu erteilenden Nachweises

a) Angabe der Arbeits- und Pausenzeiten

b) Arbeit auf Abruf

c) Schichtänderungen und Anordnung von Überstunden

d) Hinweis auf Kündigungsfristen und -verfahren

5. Sanktionsrahmen

6. Fazit


1. Arbeitnehmerbegriff der Richtlinie (RL) 2019/1152/EU

Der persönliche Geltungsbereich der Richtlinie erfasst jeden Arbeitnehmer, der „nach den Rechtsvorschriften, Kollektiv- bzw. Tarifverträgen oder Gepflogenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Arbeitsvertrag hat oder in einem Arbeitsverhältnis steht, wobei die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu berücksichtigen ist.“

Die Bundesregierung hat bei Verabschiedung der Richtlinie die Auffassung vertreten, die Richtlinie beziehe sich insoweit auf den jeweiligen nationalen Arbeitnehmerbegriff, den die Mitgliedstaaten lediglich nicht missbräuchlich eng fassen dürften. Demgegenüber hat der Präsident des EuGH Koen Lenaerts in einem Vortrag auf dem Europarechtlichen Symposion des BAG am 12.5.2022 seine Auffassung – die diejenige des EuGH widerspiegeln dürfte – dahingehend formuliert, es handele sich um den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff, wie er seit der Rechtssache „Lawrie-Blum“ definiert werde; die Mitgliedstaaten seien aber befugt, diesen Arbeitnehmerbegriff im nationalen Recht noch weiter zu fassen.

Dieses Verständnis zugrunde gelegt, das auch in Erwägungsgrund (EG) 8 RL 2019/1152/EU anklingt, dürfte der Arbeitnehmerbegriff des Nachweisgesetzes künftig unionsrechtskonform dahingehend auszulegen sein, dass von dessen Anwendungsbereich alle unionsrechtlich definierten Arbeitnehmer erfasst sind. Die Pflichten aus dem Nachweisgesetz bestünden dementsprechend bspw. auch gegenüber Fremd-Geschäftsführern, Richtern und Beamten.

Beraterhinweis Künftig gilt das Nachweisgesetz darüber hinaus auch für Aushilfen, die vorübergehend für höchstens einen Monat eingestellt werden; die bisherige Bereichsausnahme für Aushilfen wird aufgehoben.

2. Zeitpunkt der Nachweiserteilung

Bislang konnte der Nachweis der Arbeitsbedingungen innerhalb eines Monats nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses erteilt werden.

Künftig sollen die – nachfolgend näher dargestellten – Angaben zu folgenden Zeitpunkten nachgewiesen werden:

  • die Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1, 7 und 8 NachwG n.F. spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung,
  • die Angaben nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2-6, 9 und 10 NachwG n.F. spätestens am siebten Tag nach dem vereinbarten Arbeitsbeginn,
  • die übrigen Angaben spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses.

Eine Änderung von Vertragsbedingungen, sofern sie nicht auf einer kollektivrechtlichen Regelung beruht, ist gem. § 3 Abs. 1 NachwG n.F. an dem Tag, an dem sie wirksam wird, nachzuweisen.

Beraterhinweis Nach der Übergangsregelung des § 5 NachwG n.F. entsteht die Nachweisverpflichtung für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1.8.2022 bereits bestanden haben, (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.06.2022 17:22
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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