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Mobile Arbeit - Das "neue" mildere Mittel im Rahmen einer Änderungskündigung? - Über die Auswirkungen der Möglichkeit des mobilen Arbeitens auf Reorganisationsvorhaben des Arbeitgebers (Bonanni/Fehlberg, ArbRB 2022, 144)

Das Thema „Mobile Arbeit“ ist in aller Munde. Die zunächst in vielen Fällen aufgrund der Covid-19-Pandemie nur übergangsweise erfolgte Einführung dürfte in vielen Unternehmen auch zukünftig Bestand haben. Doch folgt aus der grundsätzlichen Möglichkeit zur mobilen Arbeit auch, dass Arbeitgeber diese zukünftig bei etwaigen Reorganisationsvorhaben immer als milderes Mittel gegenüber einer räumlichen Veränderung des Arbeitsorts in Betracht ziehen müssen?

1. Mobile Arbeit – Begriffsbestimmung
2. Ausgangssituation
3. Ermöglichung von mobiler Arbeit als milderes Mittel

a) Der Sachverhalt
b) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin
c) Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg
d) Bewertung
4. Ausblick


1. Mobile Arbeit – Begriffsbestimmung

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden mobil tätig, wenn sie ihre Arbeitsleistung regelmäßig oder unregelmäßig außerhalb der vom Arbeitgeber betriebenen Betriebsstätte an ggf. jeweils unterschiedlichen Arbeitsplätzen und damit letztlich ortsungebunden erbringen.

Beraterhinweis
Nicht ausgeschlossen ist hierbei, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit auch – ggf. nur zeitweise – von zu Hause aus erbringt (im gewöhnlichen Sprachgebrauch häufig auch „Homeoffice“ genannt). Da sich in Abhängigkeit von der Ausgestaltung aber teils verschiedene rechtliche Vorgaben für den Arbeitgeber ergeben dürften, ist eine Differenzierung sinnvoll und angezeigt.

Die nachfolgenden Ausführungen dürften gleichwohl für jegliche Form der örtlich flexiblen Arbeitsleistung – unabhängig von deren Bezeichnung als mobiles Arbeiten, Homeoffice, Remote Work, Mobile Office usw. – gelten. Zur Vereinfachung verwendet der Beitrag nachfolgend aber den Begriff der mobilen Arbeit bzw. des Homeoffice, soweit die entsprechenden Entscheidungen diesen Begriff verwenden.

2. Ausgangssituation
Mobiles Arbeiten ist mittlerweile Gegenstand zahlreicher Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Damit tragen Unternehmen den in den vergangenen mehr als zwei Jahren gewonnenen Erfahrungen und dem seither noch einmal verstärkten Wunsch der Arbeitnehmer nach mehr Flexibilität Rechnung. Arbeitgeber schildern, dass es teilweise schwierig ist, ihre Arbeitnehmer nach Wegfall der meisten „Corona-Beschränkungen“ wieder an ihren Arbeitsplatz in den Betrieb zu bringen. Was in vielen Fällen seit März 2020 als Schutzmaßnahme erstmals möglich wurde, hat sich (teilweise) bewährt bzw. hat jedenfalls bei den Arbeitnehmern eine Erwartungshaltung geweckt.

Viele Unternehmen und auch Arbeitnehmer haben in den vergangenen Monaten die Erfahrung gemacht, dass eine überwiegende oder sogar vollständige Erbringung der Arbeitsleistung außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte grds. zu keiner bzw. nur einer geringen Störung der betrieblichen Abläufe führt.

3. Ermöglichung von mobiler Arbeit als milderes Mittel
Diese veränderte Situation ist geeignet, auch die Bindung des Arbeitsverhältnisses bzw. der Erbringung der Tätigkeit an einen bestimmten Arbeitsort infrage zu stellen. In der Folge kann die Arbeitsform des mobilen Arbeitens – wie die nachfolgend beispielhaft dargestellten Entscheidungen aufzeigen – auch im Rahmen von Reorganisationsvorhaben relevant werden.

Soweit Arbeitnehmern im Rahmen einer Reorganisation ein Arbeitsplatz an einem anderen, weiter entfernten Standort...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.05.2022 12:43
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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